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Besuch im Weingut Artner

Auf diesen Tag habe ich schon lange gewartet. Seinen Wein trinke ich seit Jahren, der Amarok war bei so ziemlich jedem legendären Abend mit von der der Partie. Viel Zeit war nicht aber der Frau Artner durften wir zwei Stunden Zeit stehlen.
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Eine ganz liebe Freundin hat mich im angemeldet, Vitamin B hilft auch hier weiter. Mit meiner Lieblingsfrau kreuze ich dort am Vormittag auf. Der Boss himself war noch kurz zu sehen. Scheint ein netter Kerl zu sein. Nach 15 Minuten musste er leider zustellen gehen. Der Capo fährt mit einer Ladung Wein zum Kunden, das gefällt mir. Man schickt nicht irgendeinen, man fährt selbst.


So ein Weingut ist etwas das ich überhaupt nicht kenne. Ich bin Vorarlberger und Weinbau hat bei uns keine Tradition. Bei uns gibt es Speck, Bergkäse und Bier. Wein braucht Wärme und Wärme gibt es bei uns nicht wirklich ausreichend. Es gibt zwar auch in Vorarlberg ein paar Verrückte die Wein anbauen aber das sind schon eher die Exoten als die Regel.


Beim Wein ist es ja so wie bei Schrödingers Katze. Der Vergleich scheint etwas weit hergeholt dennoch gibt es ganz klar Parallelen. Der Wein wird über Monate in dunkle Fässer gesperrt und bis zum Schluss bleibt offen ob es eine toller Wein gibt oder ob er was für den Gulli ist.


Wer ist dieser Artner überhaupt? Das Weingut Artner liegt im Herzen des Weinbaugebietes Carnutum, genauer in Höflein. Ein gottverlassenes Nest in der Nähe von Bruck an der Leitha. Das ist eines der Dörfchen die man nur kennt weil es das Navi kennt. Hier war es sogar so, dass ich, ganz old school, den Wegweisern nachgefahren bin. Mit Höflein konnte mein Navi nichts anfangen. Auf 35 Hektar werden die Weingärten vorwiegend auf steinigen Kalk- und Lössboden bewirtschaftet. Das Mikroklima ist geprägt vom Neusiedlersee und der nahen Donau. Die Gebrüder Artner betreiben noch einen Heurigen in einem alten Bauernhof und zwei Restaurants in Wien. Nach dem Besuch des Weingutes werden sowohl der Heurigen als auch die Gasthäuser hochoffiziell in die to-do-Liste aufgenommen.


Ich bin froh, dass ich einen Fahrer dabei habe, denn bis ich die Palette durchprobiert habe wird es seine Zeit dauern und der Wein wird seinen Tribut fordern. Besonders angetan hat es mir der Amarok. Dieser Tropfen ist zwar für österreichische Verhältnisse ein kostspieliges Vergnügen, jedoch ist das Leben zu kurz um schlechten Wein zu trinken. Der Amarok ist ein Verschnitt aus Zweigelt, Blaufränkisch, Merlot, Syrah und Cabernet Sauvignon - ausgebaut in neuen französischen Barriquefässern.


Es gibt wie immer auch hier eine Steigerung. Die Artners haben eine auf 2700 Flaschen limitierte Kreation namens "MASSIVE A". Die schlägt zwar preislich mit 50 Euro dem Fass den Boden aus, muss aber mit an Bord. Ich bin gespannt was der kann, ich lasse es euch wissen! Voraussichtlich wird die Kiste am Tag des Weltuntergangs aufgebrochen. Mit dieser Kiste verbarrikadiere ich mich im Ferienhaus und warte darauf, dass mir der Himmel auf den Kopf fällt. Alea iacta est!


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Auch wenn meine Frau mahnend vorrechnet wie viel Platz wir für unser restliches Gepäck brauchen werden, muss ich hier dennoch den halben Kofferraum füllen. Dieser Entscheid wird sich noch grausam rächen. Was ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht weiß: Wir werden bis unter das Dach vollgepackt wie die ärgsten Touristen auf Bibione-Urlaub unsere Heimreise von 700 Kilometer antreten. Die Kinder müssen ihre Füße auf je einen Weinkarton stellen, die Holzkiste mit den Flaggschiff "Massive A" finden zwischen den Kindersitzen Platz und an dem wie meine Frau die Augen verdreht kann ich erahnen wie unheimlich stolz sie auf mich ist. Auch so kann man den Wagen tiefer legen,...


Zum Schluss zeigt uns Frau Artner noch einen richtig alten Weinkeller, die Weinpresse ist mit 1803 datiert. 1803, der Kerl ist über zweihundert Jahre alt. Wenn man sich das Jahr 1803 bei Wikipedia suchen lässt, kann man erahnen was das gute Stück schon alles gesehen hat. Napoleon verwüstete Europa, der erste dampfbetriebene Wagen wurde in England ausprobiert und so weiter.


Hiermit möchte ich mich nochmals für den herzlichen Empfang bedanken und freue mich auf nächstes Jahr, denn wir kommen bestimmt wieder vorbei, mit der Hälfte an Gepäck versteht sich.