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Vegane Burger auf 1100 m NN

Am Scheitelpunkt der Bergstrecke zwischen Dornbirn und Schwarzenberg in Vorarlberg steht ein ganz besonderes Gasthaus bzw. Hotel. Das Konzept und die Eigenheiten mögen manch einem sonderbar erscheinen – zumal wir hier an einem Ort sind, der vom Tourismus lebt. Das Gasthaus Bödele Alpenhotel steht wahrscheinlich an einem der schönsten und gewaltigsten Plätze, die der Bregenzerwald zu bieten hat. Ich bin immer wieder sprachlos wie schön meine Heimat ist, besonders hier. Das Restaurant bezeichnet sich als veganes Restaurant ohne Suchtgifte. Was kann man sich darunter vorstellen? Vegan – klar, keine Verarbeitung von Lebensmitteln tierischen Ursprungs. Frei von Süchten? Lupinenkaffee und alkoholfreies Bier, wobei auch im alkoholfreien Bier 0,5 % Alkohol enthalten sind. Ich vermute, das alkoholfreie Bier ist der Kompromiss,der unserer Gasthauskultur und dem Konsumverhalten geschuldet ist. Ein mutiger Schritt ist, dass in einer Ecke, die vom Tourismus lebt, am Samstag das Restaurant geschlossen bleibt. An der Türe steht zu lesen, dass das Restaurant am Samstag aufgrund des Sabbats geschlossen bleibt. Auch die übrigen Öffnungszeiten sind gewöhnungsbedürftig. Außer Sonntag und Montag schließt das Gasthaus täglich um 17:00 Uhr. Diese Rahmenbedingungen erschweren aus meiner Sicht das Tagesgeschäft – wenn die Küche der Hammer ist, wird es aber die Gäste nicht abschrecken. Wie kommt es denn dazu, dass ich als Kochchaot und Fan von heimischem, in kleinbäuerlichen Strukturen produziertem Fleisch in ein veganes Restaurant gehe und darüber auch noch schreibe? Nun, ich mache keinen Hehl daraus, dass ich gerne Fleisch esse – ich muss aber auch ganz klar sagen, dass es nicht jeden Tag sein muss. Qualität vor Quantität – auch beim Fleischkonsum und somit gibt es auch bei mir vegetarische und vegan Tage. Ich versuch das Erlebte in ein paar einfachen Sätzen zu umreißen.

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Nachmittags im Büro, der Kochchaot ist akut unterzuckert als ihn der rettende Anruf ereilt. Treffen wir uns am Bödele auf einen veganen Burger? Ich käme von mir aus nie im Leben auf die Idee, 20 km für einen veganen Burger zu fahren aber gut, im Rheintal ist es brütend heiß und auf über 1100 Meter Seehöhe einen Burger essen klingt gut. Auf der Terrasse sind nur zwei Tische belegt – sollte flott gehen. Die Bedienung entpuppt sich dann als verträumtes, junges Mädel. Mit einem Ruhepuls von 35 Schlägen pro Minute blubbert ihr Herzchen vor sich hin. Bei der Aufnahme der Bestellung schreibt sie „Trinken“ und „Essen“, sie unterstreicht die Überschriften brav mit einer Wellenlinie und macht kleine Kreise als Doppelpunkte – fehlt nur noch das kleine Herzchen als i-Punkt, vergisst dann zwar einen Burger zu bringen aber das kann ja mal passieren. Sie schreibt noch gewissenhaft die Tischnummer dazu, bei zwei Tischen kann man schon mal durcheinander kommen. Schließlich kommt sie mit den Getränken angeschwebt, sie erinnert mich irgendwie von den Emotionen her an Lana del Rey mit ihrem „Video Games“, die sprudelt auch über vor Emotionen. Wenn man ihr so zusieht, wirkt sie schon fast wie eine gelangweilte Halbadelige aus dem Hofstaat Ludwigs dem XIV.


Der Burger selbst war in Ordnung. Er war nicht der Hammer aber er war ok. Ein veganes Gericht lebt von seinen gut abgestimmten Gewürzen und Nuancen, wenn ich mich entscheiden muss zwischen „scharf, wie direkt aus dem Vorhof der Hölle“ und „mild, wie der Biss in einen vom Regen aufgeweichten Stapel alter Kontoauszüge“, dann weiß ich wie ich mich entscheide. Das ist jetzt etwas überspitzt dargestellt aber die Kernaussage dahinter ist, dass ein Gericht alles sein darf, aber niemals langweilig. Der Burgerpatty ist etwas bröselig, für meinen Geschmack ist es zu wenig, wenn die Zwiebel als Zutat nur angedeutet wird, im Großen und Ganzen ist der Burger aber gelungen. Die Pommes liegen mehr beiläufig am Teller verstreut, ohne Salz und fast kalt. Das Ketchup scheint selbstgemacht zu sein, jedenfalls sieht die Konsistenz danach aus, es hat auch nicht den homogenen, industriellen touch und schmeckt auch sehr aromatisch.


Slapstick vom Feinsten gibt es dann ganz zum Schluss. Zuerst muss ich das junge Mädel suchen um zu bezahlen, die Klingel an der Türe hat dann die Bedienung an unseren Tisch gelockt. Das Stellen der Rechnung sorgt dann für das eigentliche Highlight an diesem „Abend“, der Laden schließt ja schon um 17:00. Da das System ausgefallen ist, musste sie direkt am Tisch in der Speisekarte nach den Preisen suchen und mit ihrem Handzettel abgleichen. Da ein schriftliches Zusammenzählen am Block scheinbar nicht erlernt wurde, muss das arme Ding jede Zahl einzeln in ihr Smartphone tippen – Generation online, mit dem handschriftlichen addieren von fünf Zahlen am Kellnerblock hoffnungslos überfordert. Das sind die Leute, die mal meine Rente stemmen müssen – ich freue mich aufrichtig darauf. Schlussendlich kommt dann beim Getippse für drei Erwachsene und zwei Kinder die stolze Summe von € 77,80 raus.



Gehe ich wieder hin? Kann ich nicht sagen, ich weiß es schlicht nicht. Was mir aber wieder mal klar geworden ist: Ein erfolgreiches Konzept endet nicht mit einer funktionierenden Infrastruktur und einer stylischen Location. Die fällt auch nicht mit sonderbaren Öffnungszeiten oder einer Karte die bestimmt nicht die Masse der Kundschaft anspricht. Einer der wichtigsten Komponenten ist der Link zwischen der Idee, dem Spirit, dem Feuer und dem Kunden. Das ist zum einen eine tolle Küche, gut abgeschmeckte Speisen, handwerklich solide Kreationen. Zum anderen und das wird so oft unterschätzt, ein Service, der das Konzept der Gaststätte lebt, ein Service das Feuer hat und dem Kunden das Gefühl gibt, er wäre tatsächlich systemrelevant in diesem Laden und gerne gesehen.


Für etwaige Rechtschreibfehler entschuldige ich mich aufrichtig, ich bin heute einer Yogalehrerin mit meinem Auto kräftig hinten rein gefahren und aufgrund ihrer entspannten, fröhlichen Art noch etwas aus der Spur.